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Unfallversicherung  
09.01.2020

Wegeunfälle − schicksalhaft oder vermeidbar? (Teil 2 von 2)

Anke Schlüter
Keine Wegeunfälle mehr? (Foto: Lucian Alexe/Unsplash)
2008 hat die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland in ihrer Präventionsstrategie das Ziel verankert, Arbeits- und Lebenswelten so zu gestalten, dass niemand mehr getötet oder schwer verletzt wird oder beruflich bedingt erkrankt: die Vision Zero. Die Unfallversicherungsträger haben im Jahr 2017 allerdings 190.968 meldepflichtige Wegeunfälle registriert, davon 280 tödliche. Im Jahr 2018 stieg die Zahl der tödlichen Wegeunfälle auf 311 an. Es stellt sich die Frage, ob Vision Zero eine Utopie ist oder ein realistisches Ziel, das bis 2050 tatsächlich erreicht werden kann. Was wird zur Erreichung dieses Ziels getan?

Im ersten Teil wurde dargestellt, wann ein Wegeunfall vorliegt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wann der Weg zur Arbeitsstätte beginnt, was ein dritter Ort oder eine Unterbrechung ist, und welche Konsequenzen eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss hat. Dazu wurde die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung skizziert.

Im zweiten Teil soll dargestellt werden, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um Wege unfälle mit Toten oder Verletzten zu verhindern.

Gründe für einen Wegeunfall

Zunächst ist auf die Unfallstatistiken der DGUV unter verschiedenen Aspekten hinzuweisen: Wenn man die Verkehrsmittel betrachtet, so ereigneten sich mehr als 50 % der meldepflichtigen Verkehrsunfälle mit dem PKW. Fahrradfahrer waren zu 18 % beteiligt, motorisierte Zweiräder mit 6 %. Der Anteil der Beifahrer liegt bei 3% und der der Fußgänger bei 6 %. Wenn man die Anteile zusammenzählt, kommt man nicht auf 100 %, weil bei nicht allen Unfallmeldungen das genutzte Verkehrsmittel erfasst wurde.

Nach Geschlechtern getrennt ist festzustellen, dass 70 % der tödlich Verunglückten männlich waren. Wenn man die Altersklassen betrachtet, fällt bei den tödlichen Unfällen im Straßenverkehr das erste Maximum bei den jüngeren Versicherten ab 20 Jahren auf. Die Anzahl der weiblichen Todesfälle im Straßenverkehr ist unabhängig vom Alter deutlich unter der Zahl der männlichen Opfer.

Schließlich kann noch die zeitliche Komponente betrachtet werden. Hier ist ein auffälliger Anstieg der Wegeunfälle im Januar mit 16,9 % zu verzeichnen. Ab September ist wieder ein leichter Anstieg festzustellen. Dies kann mit den Witterungsverhältnissen erklärbar sein.

Bei der Verteilung der Unfälle nach Wochentagen zeigt sich zwischen Montag bis Donnerstag ein relativ konstantes Bild. Ab Freitag sinken die Zahlen und erreichen Samstag und Sonntag ihr Minimum. Das ist mit den geringeren Beschäftigungszeiten an diesen Tagen zu erklären.

Betrachtet man die Unfallstunde, fällt auf, dass sich die Mehrzahl der Wegeunfälle eindeutig zwischen 6:00 und 8:00 Uhr ereignet.

Als Hauptunfallursache für Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden registrierte die Polizei 2017 mit 88 % Fehlverhalten des Fahrzeugführers/führerin, 3 % war Fehlverhalten von Fußgängern. Allgemeine Ursachen wie Straßenverhältnisse, Witterungsbedingungen oder Hindernisse (z. B. Wild auf der Fahrbahn) traten zu 8 % auf, technische Mängel oder Wartungsmängel zu 1 %.

Als Fehlverhalten des Fahrzeugführers war mit 16 % Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren sowie Ein- und Anfahren festzustellen. Am zweithäufigsten wurde die Vorfahrt missachtet, bzw. der Vorrang anderer Verkehrsteilnehmer missachtet mit 15 %. Ungenügender Abstand wurde mit 14 % registriert und unangepasste Geschwindigkeiten mit 12 %.

Gleichzeitig ist aber festzustellen, dass die Unfälle aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit die schlimmsten Folgen haben. 34 % aller im Straßenverkehr Getöteten starben bei Unfällen aufgrund von nicht angepasster Geschwindigkeit.

Zuletzt ist noch ein Blick auf die jungen Erwachsenen zu werfen. Diese sind immer noch die mit Abstand am stärksten gefährdete Altersgruppe im Straßenverkehr. 12,4 % aller Getöteten und 16,1 % aller Verletzten waren zwischen 18 und 24 Jahren alt, wobei ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur bei 7,7 % lag.

Häufiger als andere Altersgruppen verunglücken 18- bis 24-Jährige in einem Pkw. Im Jahr 2017 waren es 68,9 % der insgesamt im Straßenverkehr verunglückten jungen Erwachsenen. In den übrigen Altersklassen betrug der Anteil im Schnitt 53,6 %. Am zweithäufigsten verunglückten 18- bis 24-Jährige auf einem Fahrrad (12,6 %). Erst an dritter Stelle folgte das Kraftrad (10,8 %). Junge Männer (54,1 %)  verunglückten im Straßen verkehr häufiger als junge Frauen (45,9 %). 61,9 % der 18- bis 24-jährigen Verkehrstoten starben, als sie in einem Auto (mit)fuhren. Knapp drei von vier getöteten Pkw-Insassen fuhren das Auto, in dem sie verunglückten, selbst (72,5 %).

Häufigster Fehler der jungen Pkw-Fahrerinnen und -Fahrer bei Unfällen mit Personenschaden war eine nicht angepasste Geschwindigkeit (21,4 %). Danach kamen Abstandsfehler mit ei nem Anteil von 18,4 %. 

Abschließend ist festzustellen, dass Hauptursache für Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden das Fehlverhalten des Fahrzeugführers ist.

Vision Zero

Der Begriff Vision Zero wurde erstmals 1995 von Claes Tingvall, dem damaligen Direktor für Verkehrsehrssicherheit im schwedischen Zentralamt für Straßenwesen verwendet. Er formulierte das Ziel von Null Verkehrstoten, das 1997 als Programm für Verkehrssicherheit in die schwedische Gesetzgebung aufgenommen wurde. 

In Deutschland verfolgt die Initiative „Vision Zero“ seit 2007 das Ziel von „Null Verkehrstoten“. Diese Initiative wurde von Dr. Walter Eichendorf ins Leben gerufen, dem Präsidenten des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR).  Er verweist ausdrücklich auf die Definition von „Vision Zero“ des Schwedischen Zentralamtes für Straßenwesen, „das Bild einer Zukunft, in der niemand im Straßenverkehr getötet oder so schwer verletzt wird, dass er lebenslange Schäden davonträgt“. Die gemeinsame Verantwortung von Verkehrsraum, Fahrzeug und Verkehrsteilnehmern wird dabei erstmals klar beschrieben: „Verkehrssicherheitsarbeit im Sinne der Nullvision bedeutet, dass Straßen und Fahrzeuge in höherem Maße an die Voraussetzungen des Menschen angepasst werden müssen und dass die jenigen, die das Straßenverkehrssystem gestalten und nutzen, sich die Verantwortung für dessen Sicherheit teilen.“ 

Eichendorf stellt vier Grundsätze vor, von denen Vision Zero ausgeht:

1) Das Leben ist nicht verhandelbar.
Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird durch das Grundgesetz geschützt. Das ist Aufgabe des Staates. Es lassen sich aus diesem Grundsatz allerdings keine konkreten Maßnahmen ableiten.

2) Der Mensch ist fehlbar.
Fehler lassen sich im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz nicht vollständig vermeiden. Die Wahrnehmung und Informationsverarbeitung des Menschen ist auf eine maximale Geschwindigkeit von 20 – 30 km/h ausgerichtet. In den Geschwindigkeitsbereichen, in denen sich die  motorisierte Verkehrsteilnahme überwiegend abspielt, sind Fehlentscheidungen eher die Regel als die Ausnahme. Hinzu kommen Fehler durch emotionale, motivationale oder stressbedingte Prozesse. Eichendorf ist aber der Meinung, dass diese Fehler den Menschen nicht vorwerfbar sind. Vielmehr sei das heutige Straßenverkehrssystem viel zu selten an die Tatsache angepasst, dass Menschen Fehler machen. Am Arbeitsplatz sei diese Anpassung meist besser gelungen. In einer speziellen Konstellation von Umgebungs- und Straßenbedingungen oder einer besonderen Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern werden tausendfach begangene Fehler plötzlich mit dem Tod oder einer schweren Verletzung bestraft. „Fehler dürfen nie mit dem Tod bestraft werden“, heißt es deshalb in der Konzeption von Vision Zero. 

3) Die tolerierbaren Grenzen liegen in der physischen Belastbarkeit des Menschen.
Gradmesser und Kriterium für die Gestaltung des Verkehrssystems ist nach dem Ansatz von Vision Zero die biologische Toleranz des Menschen. Die Unfallforschung liefert hier wissenschaftlich belegte Grenzwerte. So ist z. B. belegt, dass die meisten Menschen, die (außerhalb von Fahrzeugen) von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h angefahren werden, dies überleben können. Ein Pkw bietet beim heutigen Stand der passiven Sicherheit den Insassen bei einem Frontalaufprall mit einer Geschwindigkeit bis etwa 70 km/h ausreichenden Schutz, bei einem Seitenaufprall liegt die kritische Geschwindigkeit derzeit bei ca. 50 km/h. Diese Werte können durch Weiterentwicklung der passiven
Systeme noch erhöht werden. Aktive Sicherheitssysteme wie die automatische Einleitung einer Notbremsung werden es immer mehr ermöglichen, im Moment des Unfalls unter die kritischen Geschwindigkeiten zu kommen. Eichendorf konstatiert, dass das gesamte System Straßenverkehr an den Menschen angepasst werden muss, nicht umgekehrt. Das Ziel ist die Vermeidung ernsthafter Personenschäden − bei weiterhin als unvermeidbar anzusehenden Unfällen.

4) Der Mensch hat ein Recht auf ein sicheres Verkehrssystem und auf sichere Arbeitsplätze 
Eichendorf vertritt die Meinung, dass die Bürger allein kein sicheres Verkehrssystem und keine sicheren Arbeitsplätze schaffen können. Es ist Aufgabe des Staates und der Unternehmen, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Trotzdem hat auch der Einzelne die Verantwortung, sich über die Risiken bewusst zu sein, die sie oder er durch ihr oder sein Handeln oder Unterlassen für sich und andere erzeugt. In Schweden spricht man in diesem Zusammenhang von „geteilter Verantwortung“. Der einzelne Mensch ist für die Einhaltung der Gesetze und Bestimmungen verantwortlich, während die Systemgestalter dafür zu sorgen haben, dass das System als Ganzes sicher ist. Zu den Systemgestaltern gehören hauptsächlich die Behörden, die für Bau und Unterhaltung der Straßen zuständig sind, die Fahrzeughersteller, die Transportunternehmer, die gewerblich Güter transportierten und Personen befördern, aber auch die Politiker, die Gesetzgebung, die Rechtsprechung und die Polizei. Am Arbeitsplatz ist es primär die Verantwortung des Unternehmers. Kritikern der Vision Zero, die meinen, Vision Zero sei unrealistisch oder Ausdruck einer ideologisch einseitigen Haltung, hält Eichendorf die erfolgreiche Umsetzung bei anderen Verkehrsträgern vor. In der Luftfahrt und im Bahnverkehr ist die Vision Zero seit langem der „Goldstandard“ und wurde dort auch schon weitestgehend erreicht. Es ist für uns eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit, dass der Flugverkehr und schienengebundener Verkehr weder zu Toten noch zu Schwerverletzten führt.

Konzepte

Um die erfolgreiche Umsetzung der Vision Zero zu konkretisieren, werden nachfolgend zwei Programme vorgestellt, und zwar vom Deutschen
Verkehrssicherheitsrat (DVR) in dem Eckpunktepapier „Verkehrssicherheit 2020“ vom 26.10.2010 und die Präventionsstrategie der Berufsgenossenschaft RCI aus dem Jahr 2015.

Verkehrssicherheit 2020
In dem Eckpunktepapier „Verkehrssicherheit 2020“ des DVR ist als Ziel formuliert, dass die Mobilität so zu gestalten ist, dass sie dem Sicherheitsbedürfnis des Menschen Rechnung trägt. Bei Zielkonflikten gilt: im Zweifel für die Verkehrssicherheit. Ausgangspunkt ist, wie bereits erläutert, dass der Mensch im Verkehrssystem nicht fehlerfrei agieren kann. Deshalb muss das System so gestaltet werden, dass Fehler keine fatalen Folgen haben, ohne den Einzelnen aus der Verantwortung zu entlassen. Das Verkehrssystem ist an den Menschen anzupassen, nicht umgekehrt. Das Ziel bis zum Jahr 2020 ist, die Zahl der Getöteten im Straßenverkehr von 2010 bis 2020 um 40 % zu reduzieren. Angestrebt wird deshalb ein verändertes Mobilitätskonzept. Dazu gehört eine intelligente und bedarfsgerechte Nutzung sicherer Verkehrsmittel, die nachhaltig die Umwelt schont, alle kurz- und langfristig bedarfsgerechte und ansprechende Mobilitätschancen bietet und die Lebensqualität in den Städten und in den ländlichen Räumen erhöht.

Außerdem sollen Anreize zur Änderung des Mobilitätsverhaltens geschaffen werden, da grundsätzlich die mit dem öffentlichen Verkehr bzw. mit Bahnen zurück gelegten Wege die verkehrssichersten sind.

Folgende Zielgruppen stehen besonders im Fokus: Fußgänger (ca. 660 Getötete), Radfahrer (ca. 470 Getötete), „Junge Fahrer“ (ca. 860 Getötete); motorisierte Zweiradfahrer (ca. 800 Getötete) und Senioren (ca. 1.000 Getötete). Besondere Aufmerksamkeit gilt darüber hinaus den Kindern im Straßenverkehr (ca. 100 Getötete in 2008). Für Fußgänger und Radfahrer soll die Infrastruktur möglichst sicher gestaltet werden (z. B. sichere und komfortable Wegenetze für Fußgänger und Radfahrer), weil davon auszugehen ist, dass die Zahl dieser Verkehrsteilnehmer zukünftig steigt.

Das Verkehrsrecht bildet den Ordnungs- und Orientierungsrahmen für das Verkehrsgeschehen und ist daher ein zentrales Instrument zur Steuerung der Verkehrssicherheit. Der durch das Verkehrsrecht gebildete Ordnungsrahmen sollte grundsätzlich für die Verkehrsteilnehmer nachvollziehbar gestaltet sein. Das erhöht die Akzeptanz. Zur Durchsetzung bestehender Regelungen sollten die zur Verfügung stehenden Sanktionsmöglichkeiten konsequent angewendet werden. Die polizeiliche Verkehrsüberwachung bildet einen unverzichtbaren Bestandteil für die Sicherheit im Straßenverkehr.

Darüber hinaus muss darüber nachgedacht werden, ob ein absolutes Alkoholverbot für alle motorisierten Verkehrsteilnehmer eingeführt werden sollte. Das „Herantrinken“ an eine akzeptierte Promillegrenze ist zu unterbinden und die positiven Erfahrungen, die mit der Einführung des Alkoholverbots für Fahranfänger verbunden sind, sollten auf alle Verkehrsteilnehmer übertragen werden.

Zur Diskussion steht auch eine in Europa einheitliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen bzw. innerorts. Neben diesen  erfolgversprechenden Maßnahmen werden im Detail Maßnahmen für die Handlungsfelder Mensch, Straße, Fahrzeug und Management der Verkehrssicherheitsarbeit vorgestellt.

Beim Handlungsfeld Mensch steht im Vordergrund die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer zu erreichen, indem auf ein durch Rücksichtnahme geprägtes Miteinander hingewirkt wird. Hier sollen zielgruppenadäquate Maßnahmen das gewünschte Verhalten fördern. Das beginnt mit der Verkehrserziehung im Vorschulalter und wird mit kontinuierlichen Überwachungsmaßnahmen an Unfallschwerpunkten und in besonders schutzwürdigen Bereichen (Kindergärten, Schulen, Seniorenheimen) fortgesetzt. 

Beim Handlungsfeld Straße gilt das Ideal, dass Straße und Umfeld so gestaltet sind, dass diese bei einem Unfall keine „Mitschuld“ haben. Hinzu kommt ein bedeutendes Potenzial, das bisher noch nicht ausgeschöpft ist. Neben der Kommunikation von Kraftfahrzeugen unter einander (Car-to-Car) kommt auch dem Datenaustausch mit der Verkehrsinfrastruktur (z. B. Lichtzeichenanlagen und Verkehrsleitzentralen) eine immer wichtigere Rolle zu.

Der Ansatz Car-to-Infrastructure soll dabei das Ziel verfolgen, alle sicherheitsrelevanten Daten der Straße zu nutzen. Diese Informationen können von der aktuellen Verkehrs- und Wetterlage über Baustellendaten bis hin zu Umleitungsmanagement oder Fahrerassistenzdaten, wie beispielsweise Verkehrszeichen- und Ampel-Phasen-Assistent oder Kreuzungs- und Querverkehrs-assistent reichen. Hierzu ist ein entsprechendes Dateninformationssystem von den Straßenbaulastträgern zu betreiben.

Zentral ist außerdem die Anpassung des Netzes an die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer, indem eine gleichberechtigte Orientierung an den Bedürfnissen und am Fehlverhalten von Fußgängern, Radfahrern und dem motorisierten Verkehr erfolgt.

Zukünftig wird der Straßenraum stärker nach den Bedürfnissen der älteren Verkehrsteilnehmer gestaltet werden müssen − Stichworte sind: Einheitlichkeit von Verkehrsregelungen, Länge der Grünphasen für Fußgänger, Barrierefreiheit etc. 

Der klassische Grundsatz einer verkehrssicheren Straßengestaltung, wonach die Straßen gestalt automatisch zum richtigen Verkehrsverhalten führen soll („Einheit von Bau und Betrieb“), bleibt aktuell. Sehr hilfreich ist hierzu eine standardisierte Straßengestaltung, d. h. gleiche Anforderungen an die Verkehrsteilnehmer werden durch gleichartige Informationen unterstützt (z. B. die Erkennbarkeit der Vorfahrtberechtigung oder der Wartepflicht). 

Es werden im Detail Maßnahmen nach Ortslage vorgeschlagen, d. h. für Autobahnen, Landstraßen und Straßen innerorts. Das Handlungsumfeld Fahrzeuge beschäftigt sich insbesondere mit der Weiterentwicklung von Fahrassistenzsystemen bei Kraftfahrzeugen. Bei Fahrrädern ist die Aufforderung zum Tragen eines Helms wichtige Aufgabe. 

Bei motorisierten Zweirädern ist die Weiterentwicklung von Fahrassistenzsystem voranzutreiben.

Insgesamt ist festzustellen, dass in dem Eckpunktepapier „Verkehrssicherheit 2020“ des DVR viele Möglichkeiten zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erläutert werden. Es bleibt abzuwarten, ob das gesteckte Ziel im Jahr 2020 erreicht wird.

Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten
Im Jahr 2015 hat die BG RCI ihre Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ veröffentlicht. Darin werden die Ziele und Maßnahmen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (2015 – 2024) vorgestellt.  Als Ziele werden u. a. genannt die Senkung des Risikos für meldepflichtige Unfälle um 30 %, Halbierung der Arbeitsunfallrenten und der tödlichen Arbeitsunfälle und Steigerung der Anzahl unfallfreier Betriebe. Seit 2005 konnten die Zahl der Arbeitsunfälle um 17 % und die der Wegeunfälle um 7 % gesenkt werden.

Als Maßnahmen werden aufgeführt die systematische Ermittlung von Schwerpunkten bei Unfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, um insbesondere auch neue Risiken zu erfassen, Verbesserung der Kommunikation mit den Unternehmen, um deren Bedarf zu ermitteln, persönliche Beratung vor Ort durchführen, Aus- und Weiterbildung für eine wirksame Prävention anbieten und kleine und mittlere Unternehmen besonders fördern. 

Um die Mitgliedsunternehmen zu bewegen, die neue Strategie in ihren Betrieben umzusetzen, wurde ein Leitfaden entwickelt. Dazu wurden 700 Unternehmer und Unternehmerinnen, Führungskräfte und Experten und Expertinnen gefragt, mit welchen Maßnahmen sie gute Erfahrungen gemacht haben und was wirkt. Die Präventionsexperten und -expertinnen der BG RCI wurden nach den wesentlichen Voraussetzungen für sichere und gesunde Betriebe gefragt und was zweckmäßig ist.

Es wurden sieben Erfolgsfaktoren definiert und zwar:
1. Leben Sie Führung
2. Gefahr erkannt − Gefahr gebannt
3. Ziele definieren − Programm aufstellen
4. Gut organisiert − mit System
5. Maschinen, Technik, Anlagen − sicher und gesund
6. Wissen schafft Sicherheit
7. Motivieren durch Beteiligung

Anhand einer Checkliste können die Unternehmen bewerten, ob zu den jeweiligen Erfolgsfaktoren Handlungsbedarf besteht, oder nicht. 
Zu jedem Faktor werden Informationsempfehlungen gegeben, die konkrete und praktikable Hilfen und Tipps geben.

Fazit

Es wird viel dafür getan, bei Arbeitsunfällen in Form von Wegeunfällen (und nicht nur dort), die Zahl der tödlich Verunglückten auf Null zu reduzieren. Das geschieht zu Recht von verschiedenen Seiten: Auf der Seite der Verkehrssicherheit wird im Wesentlichen auf die Fahrzeugtechnik und den Straßenbau gesetzt. Auch der einzelne Verkehrsteilnehmer muss sich der Risiken bewusst sein, die sein Handeln auslöst und er trägt die Verantwortung, sich an Regeln und Gesetze zu halten. Hier wird die Ansicht vertreten, dass es menschliches Fehlverhalten im Straßenverkehr immer geben wird. Die Maßnahmen sollen die Prävention stärken und die Folgen mindern. Auf berufsgenossenschaftlicher Seite liegt der Schwerpunkt auf der Verantwortlichkeit der Unternehmer. Dazu gehört auch, die Versicherten über die Risiken aufzuklären, sie zu sicherem Verhalten zu motivieren und die Arbeit so zu gestalten, dass möglichst wenig Fehler auftreten. Gerade diese unterschiedlichen Ansätze bieten eine realistische Chance, das ambitionierte Ziel von „Vision Zero“ zu erreichen.

Die Autorin

Anke Schlüter, Juristin, Bachelorstudiengang der Sicherheitstechnik an der Bergischen Universität Wuppertal im Juli 2018 bei Prof. Dr. Ralf Pieper abgeschlossen. Thema der Abschlussarbeit war „Arbeitsschutzbezogene Anforderungen an Arbeitsplätze auf Autobahnbaustellen“.

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