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ARBEITSSCHUTZuptodate!
Die angesprochene Dualität des Konzeptes zeigt sich auch im Umgang der Arbeits- und Organisationssoziologie mit dem Begriff Resilienz. Einerseits geht es dabei um eine Steigerung der persönlichen Resilienz von Menschen gegenüber Fehlbelastungen, die durch die Arbeit auftreten können und anderseits um eine Steigerung der „organisationalen Resilienz“.
Eine mögliche Steigerung der individuellen Resilienz soll dabei insbesondere zur Vorbeugung von Burn-Out-Erkrankungen dienen. Daher wurde das Thema vom betrieblichen Gesundheitsmanagement aufgegriffen. In der Folge wurde eine Vielzahl von Trainingskonzepten, Ratgebern und Coaching-Angeboten erstellt, die auf eine Steigerung von persönlicher Resilienz im Kontext der Arbeitswelt abzielen. Ob die Angebote dabei auf den Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zielen oder lediglich auf die Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit der Betroffenen bleibt dabei zuweilen unklar. In jedem Fall wird Resilienz in diesem Kontext als personale Ressource verstanden. Schumacher et al. haben eine psychologische Skala entwickelt, mit der sich die individuelle Resilienz von Personen erfassen lässt. Die ursprüngliche Itembatterie umfasste 25 Fragen, die mit einer sieben-stufigen Antwortskala von „Ich stimme nicht zu“ bis „stimme völlig zu“ kommentiert werden können.
Resilienzskala
(Vollständige Darstellung hier: sis-Beitrag (kostenpflichtig))
Die Formulierungen machen deutlich, dass die Fragen unterschiedliche Dimensionen adressieren. Dabei geht es zum einen um persönliche Kompetenz: „Merkmale wie Selbstvertrauen, Unabhängigkeit, Beherrschung, Beweglichkeit und Ausdauer. Zum anderen geht es um die „Akzeptanz des Selbst und des Lebens“. Hierzu zählen „Merkmale wie Anpassungsfähigkeit, Toleranz, flexible Sicht auf sich selbst und den Lebensweg“. Die Skala von Schumacher ist nicht das einzige Instrument, das zu Erfassung persönlicher Resilienz entwickelt wurde. Allerdings zeichnet sich die Skala dadurch aus, dass sie teststatistisch sehr gründlich überprüft wurde.
Resilienz kann aus der Perspektive der Arbeits- und Organisationssoziologie auch als Eigenschaft einer Organisation verstanden werden. Resilienz ist dann keine personale, sondern eine organisationale Ressource. Diese Perspektive wurde insbesondere von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vertreten, die Themen des Bevölkerungsschutzes, der Katastrophenhilfe bzw. Prävention von Großschadensereignissen oder des Krisenmanagements bearbeiten.
In diesem Zusammenhang ist ein Beitrag von Somers von besonderer Bedeutung. Er erarbeitete ein Verfahren zur Erfassung von organisationaler Resilienz, das sich heute weiter Verbreitung erfreut. Somers Verfahren fokussiert sechs Aspekte der Betriebsstruktur: Lösungsorientierung, Risikovermeidung, kritisches Situationsverständnis, Rollenflexibilität und Verlässlichkeit der Informationsquellen sowie Zugang zu Informationsquellen. Für jeden Aspekt wurde ein Statement entwickelt, das Mitgliedern oder Kennerinnen bzw. Kennern einer Organisation zur Bewertung vorgelegt werden kann. In Tabelle 2 sind die Statements zusammenfassend dargestellt. (Vollständige Darstellung hier: sis-Beitrag (kostenpflichtig))
Die Formulierungen verdeutlichen, dass Resilienz in Organisationseinheiten weniger als Widerstandskraft im Sinne von Härte verstanden werden sollte. Vielmehr geht es um Anpassungsfähigkeit, die dadurch erzeugt werden kann, dass Transparenz geschaffen wird und die Mitglieder einer Organisation unabhängig von ihrer Position als mündige und fähige Akteure wahrgenommen werden und zugleich entsprechend behandelt werden. Dies setzt Vertrauen voraus: Vertrauen in das Wissen und die Fähigkeiten der Mitglieder der Organisation aber auch das Vertrauen in die
eigene Position. Nicht selten fühlen sich die Führungspersonen von universal ausgebildeten und erfahrenen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern in ihrem eigenen Status bedroht.
Ein weiterer zentraler Aspekt, der mit organisationaler Resilienz verbunden zu sein scheint, ist Freiheit. Freiheit, die den Mitgliedern einer Organisation eingeräumt werden muss, damit eigenständige Lösungen erarbeitet werden können. Rollenflexibilität kann nur entstehen, wenn die Freiheit vorhanden ist, Kompetenzen durch Weiterbildung aufzubauen und zugleich Kompetenzen auszuloten.
Für den Arbeitsschutz ist das Konzept von Resilienz (im Sinne einer persönlichen und personalen Ressource) mit Risiken verbunden. Eine Steigerung der Resilienz (als Schutzmaßnahme) zielt nämlich nicht auf eine Verhinderung von Fehlbelastungen, sondern akzeptiert ihr Auftreten. Es ist kein Zufall, dass der Begriff Resilienz gerade nach dem 11. September 2001 eine erhebliche Konjunktur erfahren hat. Die Anschläge auf das World Trade Center haben vor allem die Verwundbarkeit von Strukturen und Abläufen demonstriert. Die Aufgabe die Vulnerabilität zu reduzieren, erschien dabei so aussichtslos, dass die Sicherheitsarchitektur in vielen Ländern nicht mehr nur auf die Vermeidung von Schäden ausgerichtet wurde. Stattdessen sollte nun auch der Umgang mit Belastungen verbessert werden. Dieses Prinzip kann nicht unreflektiert auf den Arbeitsschutz übertragen werden. Im Zentrum der Bestrebungen des Arbeitsschutzes sollte stets die Vermeidung von Fehlbelastungen stehen und nicht die Anpassung der Menschen an diese Belastungen.
Literatur: S. hier: sis-Beitrag (kostenpflichtig))
Der Autor |
Dr. Dominic Kudlacek ist Dipl.-Sozialwissenschaftler am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. in Hannover. |
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