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Die Zahlen sind deutlich: 9,5 Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,3 Mio. Menschen gelten als alkoholabhängig.
Dass es daher in vielen, ja vielleicht in allen Betrieben Alkoholiker oder andere Suchtkranke gibt, ist eine Binsenweisheit. Die Frage ist nur, wie viele Arbeitnehmer süchtig sind. Für die Alkoholerkrankung wird hier sehr oft ein Wert von fünf Prozent der Mitarbeiter genannt. Welche Handlungspflichten entstehen für einen Arbeitgeber, der von der Sucht eines Mitarbeiters erfährt? Beleuchtet werden soll dabei auch, welche Rechte dieser Arbeitgeber hat.
„Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren!“ weiß der Volksmund. Ist es daher tatsächlich nötig, dass ein Arbeitgeber überhaupt auf Alkoholkonsum im Betrieb reagiert? Die Antwort kann nur ein uneingeschränktes „Ja“ sein. Alkoholkonsum führt zu hohen betriebswirtschaftlichen Kosten, da der Alkoholkonsum mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer verminderten Arbeitsleistung und einer deutlich schlechteren Arbeitsqualität führt. Die Statistiken zeigen darüber hinaus auf, dass es krankheitsbedingte Fehlzeiten gibt und das Risiko eines Arbeitsunfalles ganz erheblich ansteigt. Hierdurch können sich Produktionsausfälle oder Mehrbelastungen anderer Kollegen ergeben, die dann entsprechend heranzuziehen sind. Doch nicht nur das kaufmännische Denken, auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verbietet es, dem Alkoholkonsum eines Arbeitnehmers schlicht zuzusehen.
Wenn der Arbeitgeber einen aktuellen Alkoholkonsum bemerkt, der zu einem Rauschzustand geführt hat, sollte er unmittelbar einschreiten. Heranzuziehen sind die üblichen Indizien (lallende Sprache, unsicherer Gang, „Fahne“). Der Arbeitgeber kann in diesem Zusammenhang einen Alkoholtest vom Arbeitnehmer abfordern. Die Teilnahme an diesem Test ist freiwillig. Verweigert der Arbeitnehmer allerdings seiner Einwilligung, darf der Arbeitgeber bei Vorliegen der genannten Indizien den Schluss ziehen, der Arbeitnehmer habe Alkohol konsumiert. Die richtige Reaktionsmöglichkeit besteht darin, den Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz zu entfernen und für einen gesicherten Nachhauseweg zu sorgen. Die Kosten für diesen Rücktransport (z.B. mit dem Taxi) hat der Arbeitnehmer zu tragen. Es ist darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer jedenfalls nicht mit dem eigenen Pkw nach Hause fährt.
Das Interventionsgespräch
Am nächsten Tag sollte dann in einem Interventionsgespräch der Arbeitnehmer mit der Beobachtung konfrontiert werden. Dieses Gespräch sollte sympathisch wie deutlich geführt werden. Die konkreten Auffälligkeiten sind anzugeben, das Suchtproblem ist beim Namen zu nennen. Die Botschaft an den Arbeitnehmer ist, dass er gesehen und mit seinem Suchtproblem wahrgenommen wird. Die Konsequenzen für den Betrieb sind ihm gegenüber darzulegen. Dies können die Mehrbelastungen der Kollegen, das gestörte Betriebsklima oder der potenzielle Unfall sein.
Im Anschluss sollte dann eine klare Erwartung an das künftige Verhalten benannt und – ganz wichtig! – eingefordert werden. Diese Erwartung kann dann mit Informationen über Beratung- und Behandlungsprogramme ergänzt werden. Das Hilfsangebot schließt dabei das Interventionsgespräch ab. Das Angebot, dem Arbeitnehmer zu helfen, ist das Gegenstück zu der Eingangsfeststellung, dass er gesehen und wahrgenommen wird.
Das Interventionsgespräch ist ein „Fordern und Fördern“ bzw. – umgangssprachlich – „Zuckerbrot mit Peitsche“.
Gründe für den Alkoholkonsum hinterfragen
Der Arbeitgeber sollte den Alkoholkonsum selbstkritisch hinterfragen. Gibt es im Betrieb Risikofaktoren, die womöglich suchtverstärkend oder gar suchtauslösend waren? Eine solche Betrachtung ist zugleich die nunmehr ohnehin vorzunehmende Beurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz, wie sie durch das Arbeitsschutzgesetz nunmehr vorgeschrieben ist.
Typische suchtrelevante Risikofaktoren am Arbeitsplatz sind:
• eine ständige Überforderung oder Unterforderung,
• eine soziale Isolation,
• eine fehlende Anerkennung,
• schädliche Umweltbelastungen,
• häufig Routinetätigkeiten,
• ein hoher Leistungsdruck,
• Unsicherheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses oder
• eine hohe Konsumkultur bezüglich des Alkohols im Unternehmen.
Maßnahmen der Prävention
Aus dieser Bestandsaufnahme kann der Arbeitgeber dann geeignete Präventionsmaßnahmen ableiten.
Die erste Prävention liegt in einer Selbsterkenntnis: Jeder kann von Alkoholkonsum bzw. Alkoholsucht betroffen sein. Es betrifft nicht nur die „normalen“ Arbeitnehmer, sondern auch und gerade Führungskräfte oder Auszubildende. Wichtig ist eine Kultur des Eingreifens, nicht des Wegguckens.
Zu empfehlen ist darüber hinaus ein betriebliches Alkoholverbot. Entgegen einer landläufigen Ansicht gibt es kein allgemeines arbeitsrechtliches Alkoholverbot. Eine Ausnahme bildet hier nur § 31 JArbSchG, der den jugendlichen Arbeitnehmer nicht nur vor körperlicher Züchtigung durch den Arbeitgeber schützt, sondern ausdrücklich auch regelt, dass Alkohol nicht an jugendliche Arbeitnehmer abgegeben werden darf.
In berufsgenossenschaftlichen Regelungswerken findet sich ebenfalls kein allgemeines Alkoholverbot. In den Grundsätzen der Prävention (jetzt: DGUV Vorschrift 1) heißt es hierzu nur, dass sich Versicherte nicht durch den Konsum von Alkohol in einen Zustand versetzen dürfen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können (§ 15 Abs. 2 DGUV V1).
Die allgemeine Verhängung eines Alkoholverbotes bedarf dabei der Zustimmung des Betriebsrats, des Personalrats bzw. der Mitarbeitervertretung. Die Qualität des betrieblichen Alkoholverbots wird dabei entscheidend durch seine Durchsetzung beschrieben. Es wird nicht ausreichend sein, ein Verbot zu verhängen, das nicht gelebt wird.
Schließlich sollte der Arbeitgeber gezielt daran arbeiten, die Risikofaktoren zu beseitigen, die als suchtfördernd bzw. suchtauslösend erkannt wurden. Die Erkenntnisse gerade aus der Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung werden hier eine Hilfe sein.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Neben diesen Maßnahmen, die sich auf alle Arbeitnehmer beziehen, ist bei Arbeitnehmern, die alkoholbedingt längerfristig arbeitsunfähig krank waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Klarzustellen ist noch, dass das BEM ein eigenständiges Instrument ist. Es ersetzt nicht die auch sonst zu führenden Personalgespräche. Es geschieht auch nicht aus Mitleid, sondern kann vielmehr ein sinnvoller Baustein einer geeigneten Suchtprophylaxe sein.
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