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Wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen schieden mehr als 25.400 Menschen 2011 frühzeitig aus dem Arbeitsleben aus. Dies hat seine Ursachen aber nicht alleine im Heben und Tragen von Lasten oder aufgrund von Zwangshaltungen, sondern wird auch durch einseitige Belastungen und Bewegungsmangel sowie durch Ganzkörper-Vibrationen hervorgerufen.
Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“
Die gemeinsame Präventionskampagne der Berufsgenossenschaften, der Unfallkassen, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sowie der Knappschaft mit dem Titel „Denk an mich. Dein Rücken“ hat das Ziel, die vielfältigen Belastungsfaktoren, die Rückenbeschwerden zur Folge haben, zu reduzieren. Die Kernbotschaft der Kampagne lautet: „Das richtige Maß an Belastung hält den Rücken gesund“. Zu den wesentlichen Belastungsfaktoren des Rückens gehören auch Ganzkörper-Vibrationen am Arbeitsplatz, die im Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft Handel- und Warenlogistik (BGHW) vorwiegend bei der Bedienung von Flurförderzeugen beim innerbetrieblichen Warentransport auftreten und gerade im Zusammenhang mit der aktuellen Kampagne wieder im Fokus stehen.
Der Unternehmer muss Vibrationsexposition der Beschäftigten ermitteln
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung obliegt dem Unternehmer die Ermittlung der Vibrationsexposition der Beschäftigten. Auslösewerte und Expositionsgrenzwerte, bei deren Erreichen oder Überschreiten bestimmte Maßnahmen einzuleiten sind, wurden 2007 in Deutschland in der „Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen“, kurz Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung festgelegt. Die Technische Regel zur Lärm und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung TRLV-Vibrationen beschreibt eine rechtssichere Vorgehensweise für die Gefährdungsbeurteilung.
Für die Gefährdungsbeurteilung ist es erforderlich, sowohl die Höhe der Vibrationseinwirkung beim Bedienen von Geräten oder Fahrzeugen als auch die täglichen Bedien- bzw. Fahrdauern in Erfahrung zu bringen. Aus der Expositionshöhe und der Expositionsdauer lässt sich dann der Tages-Vibrationsexpositionswert A(8) errechnen, der mit den Auslöse- und Expositionsgrenzwerten zu vergleichen ist. Während die Bedien- bzw. Fahrdauern noch mit mehr oder weniger einfachen Mitteln durch den Unternehmer erfasst werden können, wie beispielsweise über die Auswertung von Betriebsstundenzählern oder Fahrleistungen, erfordert die Ermittlung der Höhe der einwirkenden Vibrationen deutlich mehr Aufwand und insbesondere auch spezielle Fachkenntnisse.
Ergebnisse der Mesungen der BGHW
Fahrbahnbeschaffenheit und -geschwindigkeit
Die bisherige Messpraxis bei der BGHW hat gezeigt, dass bei der Nutzung moderner Flurförderzeuge der wesentliche Einflussfaktor auf die emittierten Vibrationen die Fahrbahnbeschaffenheit in den Betrieben ist, gefolgt von den Fahrgeschwindigkeiten. Hier kann sowohl der Unternehmer als auch der Fahrer selbst großen Einfluss auf die Vibrationsbelastungen nehmen. Umfangreiche Messungen haben auch gezeigt, dass Beladungszustände und die Bereifung in der Regel keinen großen Einfluss auf die letztendlich beim Fahrer ankommenden Vibrationen haben.
Fahrergewicht und Sitzeinstellung
Entscheidend für die Vibrationsexposition des Fahrers ist auch die richtige Einstellung des Sitzes auf das individuelle Gewicht. Gleichbedeutend hierzu ist selbstverständlich auch die Funktionstüchtigkeit der Sitze. Falsch eingestellte Sitze sind diesbezüglich mit defekten Sitzen gleichzusetzen.
Hier ist die Aufklärung und Unterweisung der Fahrer unumgänglich, da zumeist schwere Mitarbeiter die Sitze auf ihr Gewicht einstellen, weil diese ansonsten beim Überfahren von Hindernissen unter Umständen durchschlagen, und das tut den Bandscheiben weh. Leichtere Mitarbeiter sind jedoch geneigt, sich dann auf die zu hart eingestellten Sitze zu setzen. Somit erfahren diese leichten Kollegen kaum oder keine Dämpfungswirkung.
Vibrationskennwerte über BGHW erhältlich
Die BGHW verfolgt das Ziel, Vibrationskennwerte – insbesondere für den innerbetrieblichen Warentransport – zu generieren. Diese können den Mitgliedsbetrieben für die Gefährdungsbeurteilung zur Verfügung gestellt werden. Um den Unternehmen auch Hintergrundinformationen zu den Messungen zu liefern, werden von der BGHW gezielt branchenspezifische Ganzkörper-Vibrationsmessungen durchgeführt. Dahinter steht die Erkenntnis, dass die betrieblichen Verhältnisse und somit auch die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Vibrationsexposition der Fahrer, im innerbetrieblichen Warentransport innerhalb der Branchen ähnlich sind. Da somit auch die Vibrationskennwerte ähnlich sind, muss nicht in jedem Einzelfall gesondert ermittelt werden.
Vibrationsexposition bei Gabelstapler
Umfangreiche Mess-Serien in verschiedenen Branchen des Handels und der Warenlogistik haben gezeigt, dass die Tages-Vibrationsexpositionswerte A(8), also die Werte, die aus Vibrationshöhe und Expositionsdauer resultieren, beim Einsatz von modernen Gabelstaplern bei jeweils branchenüblichen Betriebsverhältnissen unter den in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung genannten Auslösewerten liegen. Solche branchenüblichen Betriebsverhältnisse – das heißt, für alle Firmen einer Branche sind die Betriebsverhältnisse und Einsatzbedingungen weitgehend ähnlich – konnten für den Lebensmittelhandel, den Baustoffhandel, den Getränkehandel und den Speditions-/Logistikbereich festgestellt werden. Auch für das Bedienen von Portalstaplern und Portalkranen in Hafenumschlagsunternehmen liegen die Tages-Vibrationsexpositionswerte A(8) üblicherweise unterhalb der Auslösewerte. Weicht aber zum Beispiel das Betriebsgelände einer Firma durch schadhafte Fahrbahnbeschaffenheit oder das Arbeitsverfahren durch extrem lange Fahrzeiten von den branchenüblichen Betriebsverhältnissen ab, muss eine gesonderte Betrachtung erfolgen. Die gilt auch für Geräte mit defekten oder falsch eingestellten Fahrersitzen.
Vibrationsexposition bei Fahrerstand-Flurförderzeugen
Zahlreiche Untersuchungen wurden auch zur Ermittlung von Vibrationskennwerten bei Fahrerstand-Flurförderzeugen durchgeführt. Diese Geräte werden branchenübergreifend sowohl für den innerbetrieblichen Warentransport auf ebenen Flächen, als auch für die Be- und Entladung von LKW eingesetzt, wobei das Befahren der Ladeflächen über Rampen verschiedener Bauart erfolgt. Für diesen Bereich wurden in verschiedenen Betrieben Ganzkörper-Vibrationsmessungen im betriebsüblichen Einsatz durchgeführt.
Zusammnefassung
Zusammenfassend haben diese Messungen zum Ergebnis, dass auch beim Fahren dieser Geräte unter den üblichen Betriebsverhältnissen im Bereich des Handels und der Warenlogistik auf ebenen Flächen der Auslösewert nach der Verordnung nicht überschritten wird. Bei der Be- und Entladung von LKW oder Wechselbrücken mit der Befahrung von Rampen, kann der Auslösewert aber bereits nach kurzer Fahrdauer erreicht und überschritten werden. Die am Markt angebotenen Geräte mit Vibrationsdämpfung bewirken wohl eine Reduzierung der Vibrationsexpositionen; werden jedoch Rampen oder schadhafte Fahrbahnoberflächen befahren, kann bei branchenüblichen Expositionszeiten der Auslösewert dennoch überschritten werden. Insgesamt ist der Unternehmer dafür verantwortlich unterschiedlichste Belastungen der Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten und den Minimierungsprozess ständig am Laufen zu halten. Im Bereich der Vibrationen gilt es in diesem Zusammenhang zuerst die zu befahrenden Flächen in Ordnung zu halten. Die Reduzierung von Fahrgeschwindigkeiten ist ein weiterer Ansatzpunkt. Wesentlich für die Reduzierung von Belastungen ist die Information und Unterweisung der Fahrer. Hier ist das Verhalten beim Fahren ebenso wichtig wie die Kenntnis der Stellglieder an den Sitzen und deren Funktionen.
Der Autor
Dipl.-Ing. (FH) Frank Rokosch ist Referent für Physikalische Einwirkungen bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik. Seine Arbeitsgebiete sind Lärm, Vibrationen, Physische Belastungen.
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